Der vierte Mond

von Kathleen Weise
Rezension von Stefan Cernohuby | 19. April 2021

Der vierte Mond

Wenn es um den Planeten Jupiter geht, herrscht kein Mangel an Monden. Zum Zeitpunkt des Verfassens dieser Kritik waren 79 von ihnen bekannt. Kathleen Weise hat ihrem aktuellen Roman „Der vierte Mond“ einen davon herausgegriffen – obwohl tatsächlich zwei von Bedeutung sind. Denn im Jahr 2104 sind bereits der Mars und zahlreiche Monde von Menschen erforscht worden. Und doch birgt das All Gefahren, denen Menschen nichts entgegenzusetzen haben.

Bei einer Katastrophe auf der Erde ist in der Regel schnell ein Rettungs- oder Einsatzteam vor Ort. Wenn auf einem Jupitermond etwas schiefgeht, sieht die Sache ganz anders aus. Als auf dem Jupitermond Kallisto der Orbiter Eurybia abstürzt, anschließend ein großer Teil der Besatzung einer dortigen Forschungsstation krank wird und stirbt, bleibt eine Person allein zurück, nur in Gesellschaft zweier Mäuse. Doch das Ereignis schlägt auch auf der Erde Wellen, gibt es dort einige ehemalige Crewmitglieder, die eine Ahnung haben, was auf Kallisto passiert sein könnte. Denn es gab eine Mission auf Europa, bei der einige Spaceworker etwas getan haben, das sie besser nicht getan hätten. Und möglicherweise sind sie mitverantwortlich für das Drama, das sich weit außerhalb des Einflussbereichs der Erde ereignet. Auch der ehemalige Spaceworker Uche, jetzt leider Versehrter mit Prothesen, war auf Europa. Und er weiß, dass er sein altes Leben besser schnell hinter sich lässt. Während das überlebende Crewmitglied Sam auf Kallisto um seine geistige Gesundheit, den Zustand der Station und gegen das Verschwinden vieler Ausrüstungsgegenstände kämpft, startet auf der Erde nicht nur ein politisches Drama. Auch wirtschaftliche Überlegungen und die Gefühle einer Mutter, die ihre Tochter auf Kallisto verloren hat spielen eine große Rolle für die weiteren Ereignisse.

Sehr dicht und sehr persönlich präsentiert Kathleen Weise die Situation, die weder im Raum, noch in der Zeit so komprimiert ist, wie die Handlung und die Gefühle der verschiedenen Charaktere. Man merkt jedoch sehr deutlich, wo Grenzen von Einfluss und Macht gezogen werden, wenn Entfernung und unvorhergesehene Ereignisse auftreten. Menschen glauben, etwas bewirken zu können, sind dann einfach zu weit von allem entfernt, wo man etwas bewirken könnte. Sehr viel von der Dichte der Handlung ist auch in der Erzählform begründet, da Kathleen Weise die Geschichte in der Gegenwart erzählt. Die Auflösung des Romans könnte jedoch ein wenig als Geschmackssache aufgefasst werden. Über die ganze Handlung hin gibt es immer mehr Andeutungen in eine bestimmte Richtung. Andeutungen, die spannend sind, die zu gefallen wissen. Als jedoch kurz vor dem Ende eine Enthüllung erfolgt, bleibt nur wenig Zeit, um diese als Leser wirklich zu verarbeiten, so schnell geht es, dann ist das Buch schon zu Ende. Das ist ein wenig schade. Hier hätte man sich entweder mehr Zeit gewünscht, um die Implikationen dessen, was passiert, zu verarbeiten, oder selbige in einen Folgeband verschoben. Ob das jedoch jedem Leser so geht, ist natürlich schwer zu ermessen. Aber das kann durchaus einen Unterschied hinsichtlich des Gefühls machen, wie man das Werk am Ende zur Seite legt. Vollständig zufrieden oder doch mit dem Eindruck, dass das Ende nicht ganz rund war.

„Der vierte Mond“ ist ein Science-Fiction-Roman von Kathleen Weise, der sich nicht nur um einen Jupitermond dreht, sondern sogar um zwei. In einer atmosphärisch sehr dichten Handlung, in der Emotionen und geistige Stabilität der Charaktere wichtig für das Überleben sind, müssen sich verschiedene Spaceworker mit den Folgen einer früheren Mission auseinandersetzen. Auch wenn das Ende und die Auflösung des Romans vielleicht etwas zu abrupt kommen, bietet das Werk solide und spannende Science-Fiction, rund um die Erforschung der Jupitermonde.

Details

Bewertung

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