Im Kreis

von Wilhelm Pevny
Rezension von Stefan Cernohuby | 24. Dezember 2014

Im Kreis

Der Alltag hat großen Einfluss auf das Denken und Handeln von Personen. Auch wenn man es nicht möchte, man nimmt die Arbeit unbewusst immer mit nach Hause. So bleibt es nicht ohne Auswirkung, wenn mehr als 30 Jahre tagtäglich Zementsäcke schleppt, Kindern Gesangs- und Klavierunterricht gibt oder gar mit einer Straßenbahn auf der Wiener Ringstraße im Kreis fährt. "Im Kreis" ist auch der Titel von Wilhelm Pevnys gleichnamigem Buch, der dafür den Preis der Stadt Wien für Literatur 2014 erhalten hat.

Seit nunmehr 38 Jahren fährt Wilhelm Pevny eine Straßenbahn - Tramway, Bim oder wie man das Gefährt auch sonst nennen will. Und einen Großteil dieser Zeit hat er sie auf dem Ring gesteuert. Rundherum, hauptsächlich die Linie 2. Auf einer derartig überschaubaren Strecke kann man schon einmal auf seltsame Gedanken kommen. Entweder man blendet daher alles aus oder man macht es wie der Erzähler, der seine Geschichte einem fiktiven Fahrgast mitteilt: Man beobachtet wie Leute immer wieder kommen, schnappt das eine oder andere Informationsfragment auf und erfindet den Rest selbst. Nebenbei plaudert er über sein eigenes Leben, über seine zu früh verstorbene Frau, seine dadurch resultierende Kinderlosigkeit und die verpassten Chancen, die er zwischendurch nicht wahrgenommen hat. Er philosophiert über ein Y-Gen, ersetzt Gedenktafeln von prominenten und Politikern durch solche von Personen, die sie seiner Meinung nach mehr verdienen. Wie es im Kreis geht, so wandern auch seine Gedanken von einem Thema zum anderen, kehren immer wieder. Er befindet sich während dieser 239 Seiten langen Fahrt an vielerlei Orten, die nicht immer mit der Streckenführung übereinzustimmen scheinen. Er erzählt von seinen Interessen, seinen geheimen Wünschen und Leidenschaften und macht sich Gedanken darüber, was er machen soll, wenn er nicht mehr im Kreis fahren darf - obwohl das viele andere schon beinahe in den Wahnsinn getrieben hat.

Wie der Autor keiner Streckenführung folgt, hält sich auch sein Werk nicht wirklich an gängige Konventionen, die den Aufbau eines Buchs betreffen. Es gibt unterschiedliche Gedankengänge, die immer wieder abschweifen - und deutlich seine eigene Weltanschauung wiederspiegeln. Diese ist jetzt sicherlich nicht immer mit jeglicher politischen Korrektheit und dem Zeitgeist vereinbar, aber schließlich handelt es sich bei dem Autor um einen Straßenbahnfahrer jenseits der 60, was diesem auf gewisse Art und Weise das Recht verleiht, viele Augenscheinlichkeiten zu kritisieren. Das macht das Buch auf jeden Fall zu einem Original eines Wiener Originals. Einfacher zu lesen wird es dadurch jedoch nicht, vor allem wenn man es gewohnt ist, einem roten Faden zu folgen, der sich hier nur schwer finden lässt. Für den Verfasser dieser Kritik war das Buch definitiv zu konfus, zu unstrukturiert, aber glücklicherweise durchsetzt mit der einen oder anderen interessanten Information oder gelungenem Scherz. Dennoch können wir das Buch, obwohl sein Autor den Preis für Literatur der Stadt Wien erhalten hat, letztendlich nur als durchschnittlich einstufen.

Der Straßenbahnfahrer Wilhelm Pevny hat in seinem Leben viel erlebt und lässt den Leser in seinem Buch "Im Kreis" daran teilhaben. Durchaus interessante Anekdoten, historische Fakten, Wiener Schmähs und die Lebensgeschichte des Autors werden jedoch komplett unstrukturiert erzählt. Etwas, das dem Werk leider nicht wirklich guttut. Daher ist es für uns trotz des Preises für Literatur der Stadt Wien 2014 nur solider Durchschnitt.

Details

  • Autor*in:
  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    10/2014
  • Umfang:
    240 Seiten
  • Typ:
    Hardcover
  • ASIN:
    3990291335
  • ISBN 13:
    9783990291337
  • Preis (D):
    21 €

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Humor:
  • Gewalt:
    Keine Bewertung
  • Gefühl:
  • Erotik:
    Keine Bewertung