Der Wind trägt die Worte

Der Wind trägt die Worte, Band 2

von Waldtraut Lewin
Rezension von Janett Cernohuby | 28. August 2013

Der Wind trägt die Worte, Band 2

Waldtraut Lewins Lebenswerk "Der Wind trägt die Worte" führte uns in Band eins bis zum Beginn der Neuzeit. Ereignisreich war bis dahin die Geschichte des Jüdischen Volkes, welche durch Vertreibung, Flucht und Gewalt geprägt war. Nun wird mit dem zweiten Band die Geschichte der Juden weitererzählt, bis hin zur Gegenwart. Schon jetzt wissen wir, dass die größte Katastrophe diesem Volk noch bevorsteht.

Wir setzen unsere Reise durch die Geschichte der Juden am Ende des Dreißigjährigen Krieges fort. Für die Juden ist damit der Schrecken nicht vorbei, denn besonders im Osten, in Polen und Russland geht das Morden weiter. Pogrome und Elend bestimmen hier das Tagesbild. Es taucht eine Person auf, die sich für den Messias hält, die den Juden die Rückkehr nach Erez Israel verspricht. Eine leere Versprechung, die verwirrte, enttäuschte und seelisch zerschmetterte Menschen zurück lässt. Es beginnt eine Zeit der Gegensätze. Während sich die einen ins Schtetl, eine von Armut geprägte religiöse Gemeinschaft, zurückziehen, passen sich andere, die Erfolgreichen, an, assimilieren sich. Mit der Aufklärung, der französischen Revolution und mit Napoleon bessern sich die Lebensumstände der Juden. Man atmet auf, bringt bedeutende Persönlichkeiten in vielen Bereichen hervor. Zwischendurch gibt es immer wieder Rückschläge, die letztendlich dazu führen, dass Theodor Herzl erkennt, was das jüdische Volk braucht: Einen Nationalstaat. Der Zionismus entsteht - eine politische Bewegung, welche die Rückkehr in das Land der Väter fordert. Der erste Weltkrieg vergeht, der politische und wirtschaftliche Frustration nach sich zieht. Pogrome und Diskriminierungen stehen erneut an der Tagesordnung, doch mit dem Auftreten Hitlers auf der politischen Bühne leiten sie das schrecklichste Kapitel in der Geschichte der Juden ein: die Hölle auf Erden. Nach dem Krieg gibt es für viele der Überlebenden nur eine Rettung, eine Hoffnung: Erez Israel. Doch der gerade gegründete Staat kämpft von seiner ersten Stunde an ums Überleben. Gewalt, gefolgt von Gegengewalt, Terroranschläge, Vergeltungsschläge - wir sind in der Gegenwart angekommen, aber Friede im Nahen Osten und somit für die Juden scheint nicht in Sicht zu sein.

"Der Wind trägt die Worte" - sie bewegen sich wie Blätter im Wind; unkontrollierbar und unberechenbar. Genauso wie die Geschichte der Juden, wie die Zukunft, die noch vor ihnen liegt.
Der zweite Band ist düster. Er beginnt düster und er bleibt es. Der größte Teil beschäftigt sich mit der Nazizeit und mit der Gründung des Staates Israel. Während man den ersten Band voller Neugier las, mit Spannung die Geschichte der Juden verfolgte, wird man diesen zweiten Band mit Schrecken und Entsetzen lesen. Zwar findet man bis zum Ende des Ersten Weltkriegs durchaus noch viele spannende und interessante Stationen, doch der Schrecken des Naziregimes überschattet alles. Man wird nichts Neues hierzu lesen, doch selbst das "Alte" bleibt furchtbar und grausam. Hieran schließt ein weiteres brisantes wie auch aktuelles Thema an: Israel und der Nahe Osten. Dabei bleibt die Autorin neutral. Wer befürchtet, sie ergreife Partei für Israel, der irrt. Waldtraut Lewin kritisiert durchaus manche Schritte oder Haltungen, die von einzelnen oder Staaten gegangen oder eingenommen wurden. Ebenso gibt sie keine Antwort auf die Frage, welche Seite mehr Recht und welche mehr Unrecht hat.
Stilistisch ist der zweite Band dem ersten angepasst. Es gibt Abschnitte, die sich mit den Fakten beschäftigen, andere berichten und wieder andere erzählen. Zur besseren Unterscheidung wurden diese durch besondere Formatierungen voneinander abgehoben. Es finden sich wieder zahlreiche Zusatzinformationen in Form eines Glossars, in dem der jüdische Kalender mit seinen wichtigsten Feiertagen erläutert wird, aber auch Wort- und Sacherklärungen. Auch eine Zeittafel befindet sich wieder am Ende des Buches.

Wir sind am Ende angekommen. Am Ende der Reise durch die Zeit und die Geschichte der Juden. Am Ende der Rezension. Uns bleibt nur noch zu sagen, dass beide Bände eine Bereicherung sind. Informativ, umfassend, fesselnd und lebendig erzählt Waldtraut Lewin von der Geschichte des jüdischen Volkes. Es ist ein Jugendbuch, welches sich auch an Erwachsene richtet. Wir können es nur empfehlen.

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