Wer will den blauen Raben haben?

Antolin Quiz
von Edith Schreiber-Wicke, Carola Holland
Rezension von Janett Cernohuby | 25. August 2016

Wer will den blauen Raben haben?

Flucht und Integration sind aktuelle, aber auch schwierige Themen, die man Kindern nicht mit wenigen Worten erklären kann. Sie werfen Fragen und Überlegungen auf, für die auch wir Erwachsene nicht immer eine Antwort haben. Edith Schreiber-Wicke hat es trotzdem versucht und das Thema in einer Tiergeschichte verpackt: "Wer will den blauen Raben haben?".

Der schillernde, heiß-feuchte Regenwald war das Zuhause des blauen Raben. Hier ist er aus einem Ei geschlüpft, hier flog er mit den Kolibris und Papageien um die Wette. Hier war er glücklich und fühlte sich geborgen. Doch eines Tages bedrohten Hitze und Rauch den Regenwald und zerstörten den Wohnbaum des blauen Raben. Wie viele andere Tiere trat auch er die Flucht an und flog ins Ungewisse. Wo würde er ein neues Zuhause finden? Jedenfalls nicht in den Löchern der Felsen, die sich im Meer erheben. Die Vögel hier heißen den blauen Raben nicht Willkommen und so muss er weiterziehen. Bald kommt er zu einem Wald, in dessen Zweigen seltsame graue Vögel sitzen. Sie weisen ihn nicht ab, sondern fragen, was er denn besonderes könne. Ob der blaue Rabe wohl hier ein neues Zuhause findet?

"Wer will den blauen Raben haben?" ist eine Kindergeschichte mit Bezug auf aktuelle Themen. Sie ist eine Metapher, die auf sehr einfache und vor allem kindgerechte Weise die Themen Flucht und Suche nach einer neuen Heimat aufgreift. Doch ihre Handlungsfiguren sind keine Menschen, sondern Tiere. Dadurch können sich Kinder leichter auf die Handlung einlassen, zuhören und hinterfragen. Edith Schreiber-Wicke erzählt sehr sensibel von dem Raben, der nun verlassen und ohne ein Zuhause durch die Welt zieht. Ein Zuhause bedeutet Vertrautheit, Geborgenheit und Wärme. Dieses ist zerstört worden und nun fühlt sich der blaue Rabe verloren und einsam. Er hofft in der Fremde wiederzufinden. Dabei macht er ganz unterschiedliche Erfahrungen. Er erfährt Hilfsbereitschaft, aber auch Ablehnung. Er erfährt Toleranz und Akzeptanz. Er lernt, dass man sich gegenseitig helfen kann und durch seine Talente das Leben anderer bereichern kann. So findet der blaue Rabe letztendlich in der Fremde doch ein neues Zuhause und wenngleich er ein Farbtupfer unter den grauen Nebelkrähen ist, nehmen sie ihn doch in ihrer Mitte auf.
Das Bilderbuch zeigt sehr viel Parallelen zum aktuellen Weltgeschehen. Denn in unserer Zeit sind viele Menschen auf der Flucht, werden aufgenommen oder abgewiesen. Gleichzeitig vermittelt es eine Botschaft an Kinder, die gerade in unserer Zeit sehr wichtig ist. Es hilft ihnen zu verstehen, was Flucht bedeutet, wie sich Menschen auf der Flucht fühlen und wie sie die Ankunft in einem fremden, unbekannten Land erleben. Das Bilderbuch will dabei helfen, Verständnis und Akzeptanz zu erlernen und aufzubringen.
Begleitet wird die Geschichte von tollen Illustrationen von Carola Holland. Klare Linien und kräftige Farben zeichnen die großflächigen Bilder aus. Dadurch werden die Gefühle und Eindrücke des blauen Raben viel deutlicher für den Betrachter dargestellt. Die Illustratorin verzichtet auf überflüssige Details und lenkt den Blick des Betrachters auf das Wesentliche.

"Wer will den blauen Raben haben?" ist ein tolles Bilderbuch zu den Themen Flucht, Unterwegssein und Ankommen im neuen Zuhause. Mit vielen Metaphern beschreibt das Autorenduo all diese Inhalte behutsam und macht sie so für Kinder ab vier Jahren leichter verständlich. Es ist ein zeitloses Bilderbuch, das obendrein aktueller denn je ist.

Details

Bewertung

  • Gesamt:
  • Anspruch:
  • Gefühl:
  • Illustration:

Könnte Ihnen auch gefallen: