Na ja

Antolin Quiz
von Jutta Treiber, Susanne Eisermann (Illustrator*in)
Rezension von Janett Cernohuby | 18. Februar 2019

Na ja

Na ja... zwei kleine, unscheinbare Worte, in denen aber so viel mehr liegt. Je nach Tonfall und Mimik können sie Zweifel und Skepsis ausdrücken oder sie machen deutlich, dass jemand noch nicht von einer Sache überzeugt ist. Sie können aber ebenso Hilflosigkeit oder Gleichgültigkeit bedeuten und sogar abfällig eingesetzt werden. Wenn Jutta Treiber allerdings mit „Na ja“ aufwartet, dann ist auf jeden Fall ein erfolgreiches Bilderbuch gemeint.

Na ja…

Zu spitz, zu rund, zu eckig - so fühlen sich Dreieck, Kreis und Quadrat. Sie wollen anders sein, passender, perfekter. Kein Problem, findet der Figurendoktor und legt los. Er nimmt was weg, er gibt was dazu, er schnürt was zusammen und heraus kommt - na ja - dreimal das gleiche. Dreieck, Kreis und Quadrat sehen nun völlig gleich aus. Nichts unterscheidet sie mehr voneinander. Na ja - das war es eigentlich nicht, was sie wollten. Kein Problem, sagt wieder der Figurendoktor und macht sie noch einmal ans Werk. Na ja…ob die drei wohl mit diesem Ergebnis zufrieden sein werden?

Na ja von Jutta Treiber

Von Perfektionismus und dem Streben nach Optimierung

Mal Hand aufs Herz, wer kennt das nicht? Immer findet man irgendeine Kleinigkeit an sich, mit der man unzufrieden ist. Wie gerne hätte man eine bestimmte Frisur, die richtige Figur für eine bestimmte Hose oder ein Hutgesicht? Nun gibt es zwei Möglichkeiten: Man akzeptiert sich so wie man ist oder man beginnt an sich zu arbeiten. Leider ist es in unserer Zeit immer häufiger der Fall, dass wir Schönheitsidealen und Idealvorstellungen nacheifern. Wir wollen genau den Mustern entsprechen, die man uns vorgibt. Sei es im Kindergarten, in der Schule, in der Ausbildung oder im Arbeitsleben. Schon lange ist dabei die Werbung im Fernsehen oder in Zeitungen nicht mehr der einzige Faktor. Dank sozialer Medien hat der Wunsch nach Perfektionismus ein neues Level erreicht. Erst unlängst erschien ein Artikel über einen Fotografen, der junge Menschen bat, ihre Fotos für Social Media Kanäle zu bearbeiten. Das Ergebnis war erschreckend und zeigt, wie stark diese Plattformen Einfluss auf uns haben.

Na ja von Jutta Treiber

Was das mit dem Bilderbuch von Jutta Treiber zu tun hat? Viel. Denn die erfolgreiche österreichische Autorin griff die Themen Perfektionismus, Streben nach Optimierung und Aufgabe der eigenen Individualität bereits 2005 in ihrem Bilderbuch „Na ja“ auf. Dabei machte sie einen großartigen Kunstgriff: Sie steckte keine Menschen oder Tiere in die Rollen, sondern geometrische Formen. Mit ihnen konnte sie die Vielfalt und Diversität großartig und auf den Punkt gebracht darstellen, ebenso das Ergebnis dessen, was das Streben nach Perfektionismus, nach Optimierung und Anpassung daraus macht.  Nämlich den gleichen Einheitsbrei, der jegliche Individualität vermissen lässt. Dafür haben wir dann drei gleich schöne, gleichförmige Figuren. Sind sie zufrieden mit dem Ergebnis? Keineswegs, denn ihnen wird klar, dass sie ihre Einzigartigkeit aufgegeben haben. Und auch nach dem erneuten eingreifen kann man diese Individualität nicht mehr zurückgewinnen. Die drei sind verändert und müssen nun mit dem Ergebnis leben. Pech, so ist das nun mal - ja, mit diesem pragmatischen Unterton endet das Buch. Es lässt die Figuren ratlos und unglücklich zurück. Dem Leser dagegen gibt es Gesprächsstoff. Denn jetzt beginnen Kinder, die Geschichte zu reflektieren und darüber zu sprechen. Ihnen wird mit diesen drei Figuren wunderbar erklärt, was es bedeutet, perfekt zu sein, so wie man ist. Sich so anzunehmen, wie man ist und nicht nach anderen zu schauen. Alles andere würde nur den Verlust der eigenen Identität bedeuten. So wie Kreis, Dreieck und Quadrat nun nur noch Kreieck, Queis und Dreidrat sind.

Die Geschichte präsentiert sich auf eine sehr minimalistische Art. Kurze und auf den Punkt gebrachte Sätze, mehr als Dialog der Figuren untereinander aufgebaut und weniger wie eine Erzählung. Schlichte Figuren, von Susanne Eisermann mit Wasserfarben gezeichnet, zeigen sich vor einem ebenso nüchternen Hintergrund. Doch es ist genau das, was diese große Geschichte, wichtige Botschaft transportiert. Diese Schlichtheit, diese Einfachheit, bringt das Thema auf den Punkt, macht mit aller Direktheit klar, was die Kernaussage ist und welche Botschaft uns Jutta Treiber mit auf den Weg geben will. Nehmen wir sie an?

Na ja von Jutta Treiber

„Na ja“ erzählt mit einer äußerst klaren Geschichte und schlichten Illustrationen von einem ganz wichtigen Thema. Jutta Treiber schreibt von Individualität, von Mainstream und vom Streben nach Perfektion. Doch ist es auch das, was uns letztendlich glücklich macht? 

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Bewertung

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