Im Himmel ist es fast genauso

von Ulf Stark
Rezension von Janett Cernohuby | 06. August 2015

Im Himmel ist es fast genauso

In unserer Gesellschaft werden der Tod und das Sterben tabuisiert. Erwachsene haben oft große Schwierigkeiten, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Das wird natürlich umso schwieriger, wenn ein Geschwisterkind stirbt, vielleicht sogar noch bevor es zur Welt gekommen ist. Wie Kinder damit umgehen, was sie darüber denken und empfinden, erzählt Ulf Stark in seinem gefühlvollen Kinderbuch "Im Himmel ist es fast genauso".

Ulfs Freund Klas hat eine große Schwester, um die Ulf ihn beneidet. Eigentlich hat er auch eine große Schwester, doch die ist lange vor Ulfs Geburt gestorben. Eines Abends schleicht sich Ulf in Papas Arbeitszimmer und schickt mit dem Funkgerät eine Botschaft in den Himmel. Er ruft seine Schwester, erzählt ihr, dass es ihn gibt und dass er sie gerne einmal kennenlernen möchte. Als er bald darauf ein fremdes Mädchen im Nachbargarten spielen sieht, ist er sich sicher, dass sie seine Schwester ist. Schließlich sieht sie genauso aus, wie seine Mutter. Sofort beginnt Ulf ein Gespräch mit ihr, fragt sie, wie es dort ist, wo sie herkommt, ob es dort viele Kinder zum Spielen gibt und was man dort so isst. Ulf erkennt, dass es im Himmel fast genauso ist, wie auf der Erde…

Natürlich trifft Ulf nicht seine Schwester, sondern die Cousine des Nachbarkinds. Aber er ist sich selbst so sicher, dass dieses Mädchen seine Schwester ist, dass er sich durch nichts von seiner Meinung abbringen lässt. Hier spürt man deutlich seinen Wunsch, jene unbekannte große Schwester kennenlernen zu wollen. Wie sie wohl wäre? Würde sie sich um ihn kümmern? Ihm etwas beibringen? Wie sähe sein Leben wohl mit ihr aus? Diese Fragen bleiben unbeantwortet. Zu seinen Eltern kann er scheinbar damit nicht gehen, zumindest nicht zum Vater. Er wirkt sehr funktional, sehr rational. Vielleicht ist die Mutter offener für seine Fragen und Gedanken, doch haben wir als Leser nicht die Möglichkeit, sie kennenzulernen. Sie liegt mit einer schweren Migräneattacke im Bett. Geräusche, Licht, Bewegung - ja selbst Lachen - bekommen ihr gar nicht. Daher darf Ulf sie auch nicht stören. Er tut es trotzdem und den Einzigen, den das wirklich stört, ist sein Vater. Daher bleibt ihm nur die Vorstellung, wie seine Schwester heute wohl wäre.
Die Geschichte ist heiter erzählt, wenngleich sie natürlich einen sehr traurigen und tragischen Hintergrund hat. Der Verlust eines Geschwisterteils, wenngleich dies schon vor der eigenen Geburt geschehen ist. Es scheint nur schwer vorstellbar, dass dieser Gedanke Ulf trotzdem so sehr beschäftigt. Doch hier zeigt sich wieder, dass Kinder einen ganz anderen Zugang zum Thema Tod haben, als wir Erwachsenen.
Das Buch ist ideal für Familien, die einen ähnlichen Verlust erlitten haben. Die Geschichte spendet Trost und gibt Kraft. Die mitunter witzige Art macht aus einem traurigen Thema ein lebensbejahendes und zeigt Perspektiven. Denn wer sagt, dass nicht auch das verstorbene Geschwisterkind im Himmel sitzt und sich wünscht seine noch lebende Schwester oder seinen Bruder kennenzulernen?

Zusammengefasst ist "Im Himmel ist es fast genauso" eine gefühlvolle, herzerfrischende Geschichte über den Wunsch eines Jungen, seine verstorbene Schwester kennenzulernen. In ihr schwingen Sehnsucht und Trauer aber auch Freude und Freundschaft durch. Es ist ein wunderschönes Kinderbuch das zeigt, dass Wunder durchaus möglich sind, wenn man daran glaubt.

Details

  • Autor*in:
  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    07/2015
  • Umfang:
    64
  • Typ:
    Hardcover
  • Altersempfehlung:
    6 Jahre
  • ISBN 13:
    9783789147524
  • Preis (D):
    12,00 €

Bewertung

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