Apfelkuchen und Baklava

Antolin Quiz

oder Eine neue Heimat für Leila
von Kathrin Rohmann
Rezension von Janett Cernohuby | 08. Juli 2016

Apfelkuchen und Baklava

Jeder der schon einmal umgezogen ist, hat vermutlich aus seiner alten Heimat eine kleine Erinnerung mitgenommen. Ein Bild oder ein anderes Souvenir, das ihn an selbige erinnern soll. Wer jedoch aus seiner Heimat flüchten muss, der hat kaum Platz oder die Möglichkeit, Erinnerungsstücke mitzunehmen. Und wenn doch, dann sind sie etwas ganz besonders Wertvolles, von dem man sich nicht mehr trennen möchte. "Apfelkuchen und Baklava" erzählt die Geschichte eines Mädchens, das aus seiner Heimat flüchten musste und nur eine kleine Nuss als Erinnerung bei sich trägt.

Es ist Leilas erster Schultag an einer neuen Schule. Wieder ist das syrische Mädchen mit ihrer Mutter und ihren beiden Brüder umgezogen. Doch dieses Mal haben sie eine gemütliche kleine Wohnung, die nun ihr Zuhause ist. Die Einrichtung ist zwar spartanisch, doch das stört Leila nicht. Denn sie hat etwas viel wichtigeres bei sich: eine Walnuss aus dem Garten ihrer Großmutter in Syrien. Diese Walnuss ist ihr wertvollster Besitz, denn er erinnert sie an Zuhause, an den Duft der Blumen in Großmutters Garten, an das frisch gebackene Baklava aus Vaters Bäckerei. Doch da passiert es. Sie ist erst wenige Tage an der neuen Schule, als sie ihre Nuss verliert. Für Leila bricht eine Welt zusammen. Ihr Mitschüler Max hat das mitbekommen und will Leila nun dabei helfen, die Nuss wiederzufinden.

"Apfelkuchen und Baklava" ist eine herzerwärmende Geschichte über Freundschaft, Hilfsbereitschaft, das Miteinander und Offenheit. Dabei ist der Ausgangspunkt dieser Geschichte ein schrecklicher. Das Mädchen Leila musste mit ihrer Familie vor dem Krieg in ihrer Heimat fliehen. Sie hat eine lange und gefahrvolle Reise hinter sich und scheint nun endlich in einem neuen Zuhause angekommen zu sein. Doch ihr Herz ist in Syrien geblieben, wo sie die Großmutter, ihren Vater und eine glückliche Kindheit zurücklassen musste. Nur eine kleine unscheinbare Walnuss erinnert sie nun noch daran.
Max ist ein lebensfroher Junge, dessen Eltern einen Bauernhof auf dem Land bewirtschaften. Er wächst glücklich und wohlbehütet auf. Leila lernt er in der Schule kennen, geht sie doch von nun an in seine Klasse. Das Mädchen fasziniert ihn und er möchte es gerne näher kennenlernen. Doch was soll er ihr sagen? Sie einfach zum Spielenachmittag einzuladen, wie es seine Oma Gertrud vorschlägt, traut er sich nicht. Und so wartet er eine günstige Gelegenheit ab. Diese eröffnet sich ihm, als Leila ihre Walnuss verliert und er seine Hilfe bei der Suche anbietet. Nur zögerlich nimmt Leila diese an, doch langsam schließen die beiden Freundschaft. Max gelingt es, das schüchterne und in sich gekehrte Mädchen aus ihrem Schneckenhaus herauszulocken. Dabei ist es vor allem seine Oma, die Leila tröstet und ihr Mut zuspricht.
Kathrin Rohmann ist es wunderbar gelungen, eine gefühlvolle und ergreifende Geschichte über dieses brisante Thema zu schreiben. Dabei greift sie die aktuelle Flüchtlingsthematik auf und setzt sie für Kinder verständlich und vor allem angemessen um. Viele Schrecken und Grausamkeiten des Krieges, aber auch die Gefahren der Flucht über das Mittelmehr werden von ihr nur im Groben angedeutet. Den jungen Lesern ist klar, dass Leila einige Strapazen hinter sich hat, doch sie werden nicht mit der ganzen Grausamkeit und Brutalität der Realität konfrontiert. Hier bewies die Autorin großes schriftstellerisches Talent.
Ein ebenfalls toller Aspekt des Buches ist die Figur von Oma Gertrud. Sie ist nicht einfach nur die liebe, unkomplizierte und tolle Oma, die mit einem backt, einen Müsliriegel zusteckt oder lustige Aktivitäten unternimmt. Oma Gertruds Rolle stellt ein Bindeglied zwischen der Flucht aus der Heimat, dem Loslassen und dem Ankommen in der neuen Heimat dar. Auch ihre Familie floh während eines großen Krieges aus Pommern und musste in der Fremde eine neue Heimat finden. Sie erzählt Leila ihrer Geschichte und zeigt ihr damit, dass man seine Heimat niemals vergessen wird, egal wo man ist. Man trägt sie immer im Herzen bei sich. Auch Oma Gertrud hat eine Erinnerung an ihre Heimat, ein altes Lebkuchenrezept ihrer Großmutter. Dieses ist für sie ebenso kostbar, wie für Leila die Nuss. Diese beiden Figuren sind sich sehr ähnlich, wodurch sie einander verstehen und die Ältere der Jüngeren Mut zusprechen kann.

"Apfelkuchen und Baklava" ist ein gefühlvolles und berührendes Kinderbuch. Es erzählt vom Gefühl des Verlusts der Heimat, dem Ankommen in einer fremden Welt und den Beginn, sich in dieser zurechtzufinden. Das geht leichter, wenn man Freunde hat, die einem dabei helfen. Leila hat solche Freunde und so bekommt das Mädchen, das Schreckliches erfahren musste, am Ende ihr Lachen zurück.
Im Rahmen eins Interviews erzählte Autorin Kathrin Rohmann mehr über ihr Kinderbuch und das Thema Flucht.

Details

  • Autor*in:
  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    03/2016
  • Umfang:
    174 Seiten
  • Typ:
    Hardcover
  • Altersempfehlung:
    10 Jahre
  • ISBN 13:
    9783414824554
  • Preis (D):
    12,99 €

Bewertung

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  • Gefühl: