Das Lächeln der Leere

von Anna S. Höpfner
Rezension von Janett Cernohuby | 27. August 2014

Das Lächeln der Leere

Von überall her lächeln sie uns an: Models. Sei es im neuen H&M-Katalog, auf den Werbetafeln am Straßenrand oder aus der Castingshow rund um Heidi Klum. Schlank sein, hübsch sein, perfekt sein, das ist die Botschaft, die besonders jungen Mädchen vermittelt wird. Und natürlich kommt sie zuerst bei jenen an, die mit Übergewicht kämpfen. Die zudem in der Schule und im Familienkreis gehänselt werden. Unweigerlich passiert es dann: Die Mädchen beginnen mit ihrer ersten Hungerkur, sehen rasch Erfolge, werden gelobt - und stecken schon bald mittendrin in einer Essstörung. Ähnlich erging es auch Anna S. Höpfner, die in ihrem autobiografischen Roman "Das Lächeln der Leere" mit ihrer eigenen Essstörung auseinander setzt.

Sofia ist vierzehn Jahre jung und wiegt nicht einmal 40 Kilogramm. Sie ist magersüchtig und will nun in einer Klink das Essen, ja das Leben, neu erlernen. Freiwillig. Doch als der Tag gekommen ist, an dem sie ihr Zuhause für zwei Monate verlassen soll, fühlt sie sich gar nicht mehr so mutig. Tatsächlich merkt sie schon bald, dass es alles andere als einfach ist, wieder zu essen. Denn was für andere Jugendliche völlig normal ist, bringt Sofia an die Grenzen ihrer Kräfte. Schritt für Schritt lernt sie, sich selbst wieder wahrzunehmen. Wer sie ist, was sie möchte, was ihre Träume, ihre Wünsche für die Zukunft sind. Das ist keine leichte Aufgabe, denn Sofia muss sich jeden Tag erneut einem Kampf stellen. Einem Kampf gegen die Sucht, einem Kampf gegen die Leere in sich, einen Kampf gegen die Person, die sie so hasst - sich selbst. In der Klinik lernt Sofia viele Jugendliche mit ähnlichen Problemen kennen. Sie sieht, wie andere straucheln, aber auch wie andere um ihr Leben und ihre Zukunft kämpfen. Beide Gruppen prägen sie, bis sie erkennt, dass auch sie wieder Leben möchte. Sie will wieder wie früher mit ihren Freunden Singstar-Abende verbringen, Pizza essen gehen und ihre Jugend genießen. Der Weg dorthin ist nicht leicht und oft liegen Stolpersteine im Weg. Doch am Ende gelingt es ihr, mit neu gefundener Lebensfreude die Klinik zu verlassen.

"Das Lächeln der Leere" ist ein bewegender Jugendroman, der Essstörungen und insbesondere Magersucht thematisiert. Dabei ist es vor allem die Herangehensweise der Autorin, die das Buch so gelungen macht. Sie zeichnet eine Momentaufnahme ihrer Zeit in der Klinik. Sie erzählt nicht über das warum, wieso, weshalb, sondern lässt den Leser einfach an jenem Punkt in ihr Leben einsteigen, an dem sie in die Klinik geht. Und ähnlich wie sie ihre Magersucht aufarbeitet und sich dabei selbst kennenlernt, lernt auch der Leser ein junges Mädchen kennen, das an einem Punkt gestrauchelt und abgerutscht ist. Warum, das muss man selbst zwischen den Zeilen herauslesen.
Die Autorin prangert nicht die Werbeindustrie an, die uns perfekt aussehende Frauen zeigt. Sie kritisiert keine Modedesigner oder einstige Promi-Models mit ihren Castingshows, die ein ungesundes und falsches Bild in die Köpfe junger Mädchen setzen. Eigentlich gibt es im Buch überhaupt keine direkten Schuldzuweisungen, warum Mädchen sich zu Tode hungern. Stattdessen wird die Geschichte einer Vierzehnjährigen erzählt, wie sie gegen die Sucht und die eigene innere Leere kämpft. Wie sie sich dabei fühlt, wie sie kämpft, verzweifelt aber letztendlich nach dem Leben hungert und so aus dem Teufelskreis ausbrechen kann. Diese Herangehensweise nimmt dem Buch den Anschein, mit erhobenem Zeigefinger auf junge Menschen zuzugehen und ihnen einzutrichtern, dass es nicht erstrebenswert ist, Models und Schauspielerinnen nachzuahmen. Denn das würde nichts nützen. Denn viele würden sagen, ihnen passiere so etwas nicht, weil sie aufpassen. Weil sie rechtzeitig die Kurve kriegen. Stattdessen zeigt der Roman, wie hart es ist, wieder zurück ins Leben zu finden; wieder essen zu lernen.
Das mag absurd klingen. Essen lernen. Immerhin ist die Nahrungsaufnahme ein ureigener Instinkt, den bereits Babys kurz nach der Geburt kennen. Wieso muss man so etwas wieder, beziehungsweise überhaupt lernen? Warum isst man nicht einfach wieder, wenn man sein gewünschtes Gewicht erreicht hat?
Weil viel mehr dahinter steckt, als nur mal eben auf eine oder zwei oder mehr Mahlzeiten zu verzichten.

Und genau das zeigt der autobiografische Roman "Das Lächeln der Leere" von Anna S. Höpfner. Er zeigt wie schwer es ist, wieder ins Leben zurückzufinden. Er zeigt aber auch, dass es möglich ist und dass man es schaffen kann. So ist "Das Lächeln der Leere" nicht nur der Bericht eines Magersüchtigen, die zurück ins Leben gefunden hat, sondern auch ein bewegender und berührender Roman.

Details

  • Autor*in:
  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    08/2014
  • Umfang:
    256 Seiten
  • Typ:
    Taschenbuch
  • Altersempfehlung:
    14 Jahre
  • ISBN 13:
    9783570309261
  • Preis (D):
    7,99 €

Bewertung

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