15 kopflose Tage

von Dave Cousins
Rezension von Janett Cernohuby | 14. April 2015

15 kopflose Tage

Das Versprechen zwei verrückte Typen kennenzulernen, dazu noch ein passender Buchtitel macht neugierig und weckt Leseerwartungen. Lautet dieser Titel dann "15 kopflose Tage", hat man ein ganz klares Bild vor Augen. Hier handelt es sich um einen Roman, in dem eben jene zwei verrückten Typen ein noch verrückteres und chaotisches Abenteuer erleben. Zugreifen, aufschlagen und sich von der Handlung mitreißen lassen, lautet also nun die Devise. Wir sind ihr gefolgt, bekamen dann aber etwas ganz anderes präsentiert.

Der fünfzehnjährige Laurence und der sechsjährige Jay kennen ein normales Leben nicht. Ihre Mutter ist depressiv und alkoholabhängig. Um halbwegs über die Runden zu kommen, geht sie morgens in einer Firma putzen und anschließend in einer Imbissbude arbeiten. So kommt es, dass Laurence sich oft um seinen kleinen Bruder kümmern muss. Als ihre Mutter eines Tages nicht von der Arbeit nachhause kommt, spitzt sich die Situation zu. Fünfzehn Tage lang sind die Jungs auf sich allein gestellt. Sie haben kein Geld um sich das nötigste zu Essen zu kaufen. Sie wissen nicht, wo ihre Mutter ist und warum sie nicht zurückkommt. Sie wissen nur eines: Sie müssen den Schein waren, sonst würden sie vom Amt getrennt und in unterschiedliche Pflegefamilien gesteckt. Damit genau das nicht passiert, unternimmt Laurence so ziemlich alles, was in seiner Macht steht. Und noch mehr. Denn es gelingt ihm, seine Mutter ausfindig zu machen...

"15 Kopflose Tage" ist alles andere, als was der Klappentext auf der Rückseite des Buches verspricht. Hier geht es keineswegs um zwei verrückte Typen, von denen sich der eine als seine Mum verkleidet und beim Radiosender mal eben so einen Toten auferstehen lässt, und der andere glaubt, ein Hund zu sein. Die Gründe für dieses Verhalten liegen ganz woanders. Nämlich in der existenziellen Angst vor dem Zusammenbruch der Familie. Einer Familie, die eigentlich nie funktioniert hat, die von einer Mutter geführt wird, die mit allem überfordert ist. Die Geschichte ist, entgegen dem, was hier propagiert wird, nicht lustig, sondern traurig. Sie ist erschütternd und aufwühlend. Und sie zeigt, wie viel Kinder auf sich nehmen, welches Netz von Lügen sie spinnen, nur um die Familie zusammenzuhalten. Dabei bewältigt der fünfzehnjährige Jay so manchen enormen Kraftakt, was beim Leser ein tiefes Gefühl von Respekt zurücklässt. Im Gegensatz zu seiner Mutter gibt Jay nicht auf. Er kämpft. Für seinen kleinen Bruder, für sich, für eine Frau, die es eigentlich gar nicht verdient. Doch Jay glaubt daran, dass sie es verdient, weswegen er sich auch auf die Suche nach seiner Mutter macht.
An dieser Stelle merkt man, dass es sich um einen Roman handelt. Dass es dem Autor zwar einerseits darum ging, eine emotionale Geschichte vom Rand unserer Gesellschaft zu erzählen, dass ihm aber auch ein guter Ausgang sehr wichtig war. Nicht immer gehen solche Geschichten gut aus und wer weiß, wie oft im realen Leben die Behörden schon früher eingegriffen und etwas unternommen hätten. Genau hier kommt der fiktive Faktor stark durch, wenn Jay es tatsächlich schafft, Schule, Nachbarn und Sozialarbeiter so zu täuschen, dass sie nichts unternehmen. Auch Mina, ein Mädchen aus Jays Schule die offensichtlich aus einer stabileren Familie kommt, steht hinter den Brüdern und hilft ihnen. So kommt es, dass am Ende die Mutter zu ihren Kindern zurückgeht und aus freien Stücken eine Therapie und somit ein neues Leben beginnt. Ein Happy End, das die Geschichte somit lesbar für ein breites Publikum macht.

Wenngleich der Verlag suggeriert, dass dieses Buch eine witzige Geschichte beinhaltet, ist dem nicht so. Vielmehr ist "15 kopflose Tage" ein ergreifender Roman, der Leser in einen sozialen Brennpunkt entführt. Alkoholmissbrauch, Verantwortungslosigkeit, aber auch Liebe,
Familienzusammenhalt und Verzeihung stehen hier im Mittelpunkt. Die Geschichte fesselt, bewegt und berührt. Der Autor Dave Cousins behandelt ein ernstes Thema und gibt jugendlichen Lesern dadurch einen Blick in eine Welt, die sie (hoffentlich) sonst nicht kennenlernen würden.

Details

  • Autor*in:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    02/2015
  • Umfang:
    301 Seiten
  • Typ:
    Hardcover
  • Altersempfehlung:
    13 Jahre
  • ISBN 13:
    9783772527784
  • Preis (D):
    17,9 €

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Humor:
  • Gefühl: