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Barbara Landbeck erzählt von kleinen Räubern und paradiesischen Räuberhöhlen

Beitrag von Janett Cernohuby | 01. Februar 2017

Im Februar 2016 erschien das Kinderbuch "Robby aus der Räuberhöhle". Fast ein Jahr darauf, im Januar 2017, legt Autorin Barbara Landbeck mit "Wer rettet das Paradies?" den zweiten Band über den sympathischen Lausbub und seine Freundin nach. Diese Neuerscheinung nutzten wir als Gelegenheit, der Kinderbuchautorin und -illustratorin einige Fragen zu stellen.

Janett Cernohuby
In "Robby aus der Räuberhöhle" lernten wir den 9-jährigen Jungen und seine Freundin Thea kennen. Was erwartet den Leser im zweiten Buch "Wer rettet das Paradies?"?

Barbara Landbeck Barbara Landbeck
Robbys verwildertes Grundstück, das sich ja mittendrin im kleinen Städtchen Jottwede befindet, ist in Gefahr. Der Bürgermeister plant genau dort, wo  Robbys Räuberhöhle steht, ein riesiges Bürogebäude hinzustellen. Statt  Räuberhöhle Hochhaus, statt wilder Sträucher Parkplätze! Robby und Thea müssen allerhand in Bewegung setzen, um dieses finstere Bauvorhaben abzuwenden.

Janett Cernohuby
Wie kamen Sie auf die Idee, eine Geschichte über einen Jungen zu schreiben, der mitten in einer Stadt lebt, aber dennoch verborgen vor den Augen der Einwohner?
Worin bestand die größte Schwierigkeit, dies für die Leser glaubwürdig darzustellen?

Barbara Landbeck
Ich sehe überall verlassene Grundstücke, einsame, verborgene Stellen an der Elbe, in Parks, an U- und S-Bahn-Gleisen, auf Friedhöfen – also ich finde, man muss nicht lange suchen um gute Verstecke mitten in einer Stadt zu entdecken.
Als Kinder haben wir viel draußen gespielt, da gab es einen Park mit einer riesigen Trauerweide. Unter der Weide hatten wir „unsere Wohnung“. Niemand hat uns gesehen, wenn wir da hinter den Zweigen gesessen haben. Und trocken war es dort auch, wenn es regnete. Wenn man etwas aufpasst, kann man sich, glaube ich, wirklich recht lange in einer Stadt verstecken ohne aufzufallen. Natürlich muss man im Winter heizen können, das ist wirklich wichtig, aber das kann Robby ja glücklicherweise :-).

Janett Cernohuby
Robbys Zuhause verfügt weder über Strom oder anderen Komfort, was er aber beides nicht vermisst. Was glauben Sie, übt auf Kinder an diesem Hintergrund die Faszination aus?

Barbara Landbeck
Es ist einfach gemütlich! Kinder lieben es ja auch zu zelten, das ist ja vielleicht etwas ähnlich. Zusammenzurücken, mit wenig auszukommen, die Natur spüren – das ist einfach großartig. Normalerweise kriegt ein Kind heutzutage ja gar nicht mehr mit, wie mühsam es sein kann, den Alltag zu meistern. Die Wäsche liegt gewaschen im Schrank, das Geschirr kommt sauber und trocken aus der Spülmaschine, der Spinat aus der Tiefkühltruhe. Erst wenn man seine T-Shirts mal selbst mit der Hand wäscht, das Geschirr spülen muss und die Blaubeeren für den Kuchen selbst gesammelt hat, beginnt man zu begreifen, dass unser täglicher Luxus nicht selbstverständlich ist. Und dass es Spaß machen kann, so nah an der Natur zu sein.

Janett Cernohuby
Nun ist diese Idylle, das Paradies, in Gefahr. Wird Robby darum kämpfen? Und mit welchen Mitteln?

Barbara Landbeck
Robby ist ja ein leidenschaftlicher Sammler und Finder. Gleich zu Beginn der Geschichte entdeckt er auf einem seiner Streifzüge durch Jottwede ein seltsames Notizbuch, das er immer wieder zu Rate zieht und das ihm gute Ideen liefert. Robby hat Phantasie,  Köpfchen und eine gute Freundin, die ihm beisteht - das rettet ihn.

Janett Cernohuby
Haben Sie als Kind auch gerne Geschichten gelesen, in denen Kinder eine abenteuerliche Kindheit erlebten und frei durch die Natur streiften?

Barbara Landbeck
Ja, in jedem Fall. Außerdem verbrachten wir unsere Ferien immer auf einer einsamen Almhütte in den Bergen, dort war es ähnlich spartanisch wie bei Robby. Das hat mich sehr geprägt. Die Natur war gewaltig, die Sommer heiß, die Gewitter ohrenbetäubend, in den Gebirgsbächen konnten wir stundenlang spielen. Die Phantasie wird sehr angeregt, wenn man so mitten in der Natur ist.

Janett Cernohuby
Meistens arbeiten an einem Kinderbuch ein Autor und ein Illustrator. Bei "Robby aus der Räuberhöhle" haben Sie beide Aufgaben übernommen. Haben Sie zuerst die Bilder gezeichnet und dann die Geschichte entworfen oder anders herum?

Barbara Landbeck
Zuerst muss die Geschichte, die Story funktionieren, sie bildet die Basis. Natürlich entstehen beim Schreiben Bilder im Kopf und oft mach ich auch schon erste Skizzen. Aber erst wenn die Geschichte vom Verlag abgenickt ist, beginne ich mit den Illustrationen. Die werden zunächst grob skizziert, dann mit dem Verlag besprochen und wir prüfen, ob die Verteilung der Bilder auf den Text auch gelungen ist. Unser Ziel ist es, auf annährend jeder Doppelseite eine Illustration zu zeigen, damit die Kinder beim Vorlesen auch was zum Gucken haben. Wenn wir das alles festgelegt haben, kann ich mit dem Malen der Bilder beginnen. Das ist eigentlich die beste Zeit. Denn ich kann malen und höre dabei jede Menge Hörbücher.

Janett Cernohuby
Was wollen Sie durch Ihre Bücher Kindern mit auf den Weg geben?

Barbara Landbeck
Dass es sich lohnt eigenwillig zu sein! Und dass man lieber auf sein Herz hören sollte statt auf Konventionen zu achten. Dass man mit wenig auskommen kann. Dass Geld nicht wichtig ist, um ein interessantes Leben zu führen. Dass gute Freunde wichtig sind.

Janett Cernohuby
Was muss ein gutes Kinderbuch Ihrer Meinung nach haben, damit es Kinder anspricht und gleichzeitig auch motiviert, weiterzulesen?

Barbara Landbeck
Ein gutes Kinderbuch sollte in meinen Augen spannend und einfühlsam sein.  Es sollte die Phantasie des Lesers anregen. Man sollte sich beim Lesen (oder Zuhören) einfach wohl fühlen.

Janett Cernohuby
Neben Ihrem Beruf als Schriftstellerin sind Sie auch freischaffende Malerin und führen die "Kunstschule im Elbe". Wie sieht ein Arbeitstag bei Ihnen aus? Hat das Schreiben von Büchern diesen verändert?

Barbara Landbeck Barbara Landbeck
Die Mal- und Zeichenkurse, die ich im Atelier gebe, laufen meistens am Nachmittag, so dass ich die Vormittage und die Abende Zeit habe um zu schreiben und zu malen. Eigentlich sieht bei mir jeder Tag anders aus und das ist mir auch sehr recht. Ich bin kein Mensch für Routinen, die langweilen mich schnell. Ich kann mir weitgehend einteilen, wann ich was mache. So kann ich z. B. nachts schreiben und morgens malen oder andersherum. Ich kann das Wochenende durchgehend malen oder schreiben oder nur Zeit mit meiner Familie verbringen. Ich habe lange als Artdirektorin in einem Verlag gearbeitet, also echtes Büroleben kennengelernt. Ich liebe die Freiheit, die ich jetzt habe.

Janett Cernohuby
Was ist das besondere an der Arbeit mit Kindern?

Barbara Landbeck
Ich empfinde es als großen Luxus, durch die Kunstschule so nah an den Kindern dran zu sein. Kinder und Jugendliche sind in jedem Alter faszinierend. Die Kleinen sind so offen und mutig und vor allem so überraschend geduldig. Sie probieren Neues aus und lassen sich auf neue Themen und Techniken einfach ein. Erwachsene sind - was das betrifft - oft viel ungeduldiger. Je älter die Kinder werden, desto mehr lässt sich ihre Persönlichkeit entdecken – das finde ich sehr spannend.

Janett Cernohuby
Es gibt immer wieder Listen mit den besten Kinderbüchern aller Zeiten. Mit Klassikern, die jedes Kind gelesen haben muss. Welche Kinderbücher haben Sie durch Ihre Kindheit begleitet?

Barbara Landbeck
Allen voran und immer wieder: „Pippi Langstrumpf“ von Astrid Lindgren. Nur mit einem Affen und einem Pferd in einer wunderschönen Villa zu leben – das war für mich die perfekte Vorstellung von meinem Leben. Ohne Schule, stark, ein Koffer voll Gold und total unabhängig. Was will man mehr?  „Karlsson vom Dach“ habe ich auch geliebt. Ein dicker kleiner Mann, der fliegen kann und unbemerkt mitten in der Stadt, hinter einem Schornstein auf einem Dach wohnt! Großartig. Und „Lotta zieht um“ war wichtig für mich. Auch hier: Lotta allein auf Tante Bergs Dachboden, in ihrer eigenen kleinen Puppenwohnung! Die Erfüllung von Kinderwünschen, die konnte Astrid Lindgren wirklich wunderbar erfassen und erzählen. Meine Tochter habe ich ihr zu Ehren auch Lotta genannt. Und natürlich war „Huckleberry Finn“, der Junge, der in der Tonne lebt,  ein echter Held für mich.

Janett Cernohuby
Was sind Ihre nächsten Pläne und Projekte?

Barbara Landbeck
Ich arbeite zur Zeit an zwei Kindergeschichten und bespreche sie gelegentlich in der Kunstschule mit den Kindern. Ihr Feedback ist sehr hilfreich. Ich schreibe auch an einem Krimi für Erwachsene. Ach, es ist manchmal gar nicht so leicht, sich zu entscheiden, weil eigentlich alles Spaß macht :-).

Janett Cernohuby
Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für ein Interview genommen haben. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg mit dem zweiten Abenteuer von Robby und Thea.

Barbara Landbeck erzählt von kleinen Räubern und paradiesischen Räuberhöhlen