Alan Wake

von Microsoft
Rezension von Sascha Schüler | 23. August 2010

Alan Wake

Fünf Jahre Arbeit haben die Entwicklerstudios Remedy in ihr neustes Projekt gesteckt. Eine lange Zeit, verglichen damit, dass dies auch die geschätzte Lebensspanne einer Konsolengeneration ist. Ob die kreativen Köpfe, die schon hinter der Max Payne"-Reihe steckten, mit dem Xbox 360 exklusiven Titel "Alan Wake" aber wieder an ihrer früheren Erfolge anknüpfen können?

Die größte Angst jedes Autors ist es eines Tages nichts mehr zu Papier bringen zu können. Der Kopf ist wie leer gefegt und jeder Satz, den man schreibt, wirkt irgendwie falsch.
Genau so geht es Alan Wake bereits seit einigen Jahren. Dazu kommen Alkohol und andere Drogen und der einst gefeierte Bestsellerautor macht nur noch durch Negativschlagzeilen auf sich aufmerksam. Die Tage und Nächte ziehen vorbei, während sein Leben in einem Wechsel aus grellem Licht und dunklen Momenten verschwimmt.
Seine Frau beschließt daher, dass Wake einen Ortswechsel mehr als nötig hat und fährt mit ihm in das abgelegene Dörfchen Bright Falls. Abseits des Trubels der Großstadt soll er in einer beschaulichen Hütte an einem See auf andere Gedanken kommen. Was beide nicht ahnen, tief im See lauert etwas - etwas fremdes, etwas dunkles, das nur auf die richtige Zeitpunkt gewartet hat.
Als Wakes Frau nach einem Streit verschwindet und die Membran zwischen Realität und Wahn für den ausgebrannten Autor immer mehr zu reißen beginnt, setzt auch das Abenteuer ein, von dem uns die Packung einen "Psycho-Action-Thriller" verspricht.

Was zunächst einmal auffällt, ist die Tatsache, dass "Alan Wake" wie eine Serie aufgebaut ist, die sich in sechs Folgen gliedert. Diese sind erzählerisch in sich geschlossen und der Plot der Vorgänger wird zu Beginn jedes Abschnitts noch einmal zusammengefasst. Die Kapitel die man bereits abgeschlossen hat, kann man jederzeit noch einmal spielen, ganz so, als würde man sich eine bestimmte Folge seiner Lieblingsserie auf DVD noch einmal ansehen wollen.
Aber auch die anderen Menüpunkte wissen zu gefallen. Alle Zwischensequenzen, Musikstücke und Radiosendungen, die man während des Spielens bereits gehört und gesehen hat, kann man sich noch einmal ansehen. Sehr löblich.
Das Spiel selbst fällt eindeutig in den Bereich des Survival Horrors und wandelt damit auf den bereits sehr ausgetretenen Pfaden der "Resident Evil"- und "Silent Hill"-Reihen, wobei "Alan Wake" sich eher am zweitgenannten orientiert. Es sind nicht zwangsläufig die Gegner, die für eine Gänsehaut sorgen, sondern die Atmosphäre, die durch das Drumherum aufgebaut wird. Der größte Feind in diesem Spiel ist die Dunkelheit selbst.
Anders als in vergleichbaren Titeln genügt es bei Remedys neustem Werk also nicht, einfach mit irgendetwas auf die Gegner loszugehen. Stets hat Wake eine Taschenlampe dabei, mit der die Gegner erst einmal geschwächt werden wollen, bevor man ihnen auf die altmodische Art ans Leder darf. Das verlangt einiges an Taktik in den Kämpfen ab.
Während die Action vor allem in den nächtlichen Stunden stattfindet, wird die Geschichte am Tag weitergesponnen.
Ab und zu darf Wake auch eines der herumstehenden Autos benutzen, um von A nach B zu gelangen. Diese Fahrsequenzen sind das Überbleibsel des ursprünglichen Konzepts hinter "Alan Wake", welches zunächst als Open-World-Titel vorgesehen war. Diese Idee wurde aber zu Gunsten der Geschichte fallen gelassen und so spielt man nun nach dem alten Schema 1/3 Story und 2/3 Action ein recht lineares Spiel.
Fast möchte man meinen die Entwickler hätten für ein Spiel, in dem es vor allem um Licht und Dunkelheit geht, dieses Konzept mit voller Absicht auch auf die einzelnen Bestandteile des Titels übernommen.

Der erste Eindruck der Grafik von "Alan Wake" haut den Spieler zunächst einmal schlicht um. Die Landschaften, die Lichteffekte, einfach alles wirkt unheimlich real: Screenshots ließen sich leicht als eigene Urlaubsbilder ausgeben und die aufkommenden Wetterwechsel könnten so auch vor der eigenen Haustür passieren. Aber auch das Spiel mit Licht und Schatten, wenn man sich allein, nur mit einer Taschenlampe bewaffnet, im Wald befindet und vorsichtig jeden Busch und jeden Strauch ableuchtet, ist eine absolute Wucht und erzeugt eine Atmosphäre, wie kein zweites Spiel - nun ja, außer vielleicht die der "Silent Hill"-Reihe.
Ernüchterung setzt jedoch ein, sobald man die ersten Figuren sieht, die im Vergleich mit der Umgebung erbärmlich wenig Details aufweisen und deren Gesichter ausdruckslos, wie nach einer Botox-Behandlung, sind. Auch die Animationen sind leider alles andere als zeitgemäß. Insbesondere der Hauptdarsteller selbst wirkt manchmal wie ein Rheumakranker, den man gerade aus seinem Rollstuhl gekippt hat. Insbesondere die Sprunganimation wirkt mehr als lächerlich.
Während die Sound- und vor allem musikalische Untermalung wirklich exzellent gelungen sind, hinkt die deutsche Synchronisation dem leider etwas hinterher. Die Stimmen wirken teils unpassend zu den Figuren und irgendwie aufgesetzt. Wer der englischen Sprache mächtig ist, der stellt die Sprache einfach um und genießt die um Längen besseren Originalsprecher.
Bleibt zuletzt noch die Steuerung, die ebenso zwiegespalten ist, wie der Rest des Spiels. Wake verfügt über eine Vielzahl von Aktionsmöglichkeiten, die alle bequem ohne Doppelbelegungen der Knöpfe ausgeführt werden können.
Der rechte Analogstick steuert die Spielfigur, der Linke den Blickwinkel und damit den Strahl der Taschenlampe und die Schussrichtung der Waffen. Die Tasten X und Y sorgen für das Nachladen von Batterien und Munition, während B für Aktionen und A für Sprünge eingesetzt werden. Über die Trigger feuert man die Waffen ab und bündelt den Strahl der Taschenlampe. Der rechte Bumper löst eine der Zweitwaffen, wie Leuchtfackeln und Blendgranaten aus. Der Linke hingegen lässt Wake sprinten oder einem Hieb ausweichen, je nachdem, in welche Richtung der linke Analogstick bewegt wird. Das Digikreuz dient zu Wahl der Waffen.
Was zunächst recht aufgeräumt wirkt, ist auf den zweiten Blick leider etwas zu viel des Guten. Die Sprint-/Ausweichfunktion tut oft nicht das, was sie soll, wenn der zusätzlich benötigte Stick nicht ganz genau in die bestimmte Richtung gedrückt wird. So schlingert der Protagonist oft erst nach Links und Rechts, bevor er zu seinem Sprint ansetzt.
Wieso aber an Stelle des Springknopfes kein kontextsensitiver Button verwendet wurde, ist völlig unklar. Nur an wenigen Stellen im Spiel muss die Figur wirklich springen, ansonsten drückt man diesen Knopf versehentlich, weil man es aus anderen Spielen gewöhnt ist, A vor allem als Eingabe- und Bestätigungsinstrument zu nutzen.
Auch das Zusammenspiel zwischen Steuerung und Umgebung ist nicht immer das Beste. Oft genug bleibt man an kleinen Kanten hängen, während man an anderen Stellen munter über eine ganze Picknicksitzgruppe laufen kann - sehr seltsam.
Spielerisch gibt sich "Alan Wake" leider auch nur bieder. Man trifft immer wieder auf dieselben Gegner und auch die Gänsehautmomente werden im Verlauf des Spiels immer wieder ausgereizt, so dass sie nicht mehr das bewirken, wie noch zu Anfang. Vor allem gegen Ende hat man den Eindruck, als wollten die Leveldesigner das Spiel noch etwas strecken.
Wo wir schon bei den Gegnern sind. Diese sind zu Beginn noch keine große Gefahr, werden aber gegen Ende des Spiels logischerweise stärker. Leider wurde etwas beim Schwierigkeitsgrad geschlampt, denn im letzten Drittel des Spiels verursachen schon die normalen Gegner unverschämt viel Schaden, ohne dass man sich davor schützen kann.

"Alan Wake" hat seine Stärken und Schwächen. Die Landschaftsgrafik ist phantastisch, die Geschichte ist spannend erzählt und sucht den Vergleich mit bekannten Vorbildern wie Stephen King, ohne dies dem Spieler zu verschweigen. Auf der anderen Seite sind die hölzernen Figuren, die mehr als durchschnittliche deutsche Synchronisation und die immer gleichen Actionszenen.
Trotz allem weiß das Spiel zu gefallen. Dadurch, dass Wake immer wieder mit sich selbst und somit dem Spieler spricht, kann man sich sehr gut in die Gefühlswelt des Hauptdarstellers hineinversetzen. Man ist genau so verwirrt wie er, man teilt dieselben Ängste, wenn man allein, nur im Schein einer Taschenlampe durch ein dunkles Waldstück muss.
Remedys neustes Werk krankt trotz oder vielleicht gerade wegen seiner langen Entwicklungszeit an diversen Kinderkrankheiten, ist aber eine definitive Kaufempfehlung für alle Freunde des Survival Horrors und Fans hervorragend erzählter Geschichten.
Wer Interesse an "Alan Wake" hat, der sollte auch nach der nur circa fünf Euro teureren Limited Edition Ausschau halten. Neben dem Spiel erhält man hier einen als Buch verarbeiteten Schuber mit zusätzlichem Buch, DVD mit Making-Of und Soundtrack-CD. Absolut empfehlenswert!

Ein kleiner Tipp noch zum Schluss:
Wer besonderen Spaß an "Alan Wake" haben will, der sollte über eine 5.1-Dolby Anlage und einen ausreichend großen Fernseher verfügen, das Spiel auf englisch stellen und pro Woche nur jeweils eine Folge spielen, die aber dann am Abend oder in der Nacht und im abgedunkelten Raum. Lässt man genug Zeit zwischen den Folgen, fallen die Wiederholungen nicht ganz so ins Gewicht und das Prinzip der Serie wird besonders schön her ausgekehrt.

Details

  • Autor*in:
  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    05/2010
  • Umfang:
    1 DVD
  • ASIN:
    B0037OI7VK

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Gewalt:
  • Spieltiefe:
  • Sound:
  • Grafik:
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